Bist Du fit zum Abtauchen?
Durch die Entwicklung des Technical Diving mit aufwendiger
Tauchausrüstung in Kombination mit dem Einsatz von
Mischgasen werden zunehmend längere Tauchzeiten und größere
Tauchtiefen erreicht. Durch den positiven Effekt der
reduzierten Schwerkraftwirkung wird der Tauchsport auch als
therapeutische Methode eingesetzt. Dies bedingt einen
Zuwachs an behinderten und chronisch erkrankten Tauchern.
Diese Faktoren konfrontieren den betreuenden Arzt zunehmend
mit tauchmedizinischen Grenzsituationen. Der Trend zu immer
abgelegeneren Tauchzielen mit oft unzureichender
medizinischer Notfallversorgung unterstreicht die
Wichtigkeit einer ausführlichen Vorsorgeuntersuchung
für Sporttaucher, sowie einer
umfassenden Absicherung im Notfall.

In tropischen Gewässern und entlegenen Urlaubsorten ergeben
sich besondere Probleme im Zusammenhang mit dem Tauchsport.
Oft entwickelt sich ein spontaner Entschluss zum Tauchschein
erst vor Ort. Eine gewissenhafte
Tauchtauglichkeitsuntersuchung nach europäischem Standard
wird von den lokalen Tauchbasen häufig nicht gefordert, oder
ist nicht möglich. Im Gegensatz zum Berufstaucher und
Überdruckarbeiter (berufsgenossenschaftlicher Grundsatz G31) gibt es für den Sporttaucher keine gesetzlichen
Regelungen für die Vorsorgeuntersuchung. Lediglich die
Forderung von Verbänden und Tauchbasen nach Attesten
übt eine gewisse Notwendigkeit zur tauchärztlichen
Untersuchung aus. Die jährliche Wartung des Atemreglers oder
die TÜV-Wartung der Pressluftflasche alle zwei Jahre wird
selbstverständlicherweise einem Fachmann überlassen und die
Kosten dafür i.d.R. klaglos bezahlt.

Erfahrungsgemäß sieht es beim „eigenen Gesundheits-TÜV“ jedoch ganz anders aus. Da spart der Taucher gerne Zeit und Geld und „Gefälligkeitsunterschriften“ sind leider keine Seltenheit. Ein vielgehörter Spruch in meiner Ambulanz ist: “Wenn ich da unten sterben sollte, könnte ich mir keinen schöneren Tod vorstellen”. Man hat schließlich noch einen Tauchpartner an der Seite, den man durch die eigenen Gesundheitsprobleme mit gefährdet und in eine - unter Umständen - vermeidbare Not- oder Gefahrensituation bringt.
Die wenigsten Tauchunfälle enden in einem “angenehmen Tod” unter Wasser, sondern führen zu erheblichem Leidensdruck. An einer Dekompressionserkrankung sterben die wenigsten Taucher, fliegen jedoch im Zweifelsfall im Rollstuhl nach Hause. Die meisten Taucher wiegen sich nach fragwürdiger Untersuchung oder gar Gefälligkeitsunterschrift in falscher Sicherheit, nach dem Motto: Jetzt kann ja nichts mehr schiefgehen. Falsch!
Fehlendes ärztliches Wissen über die tauchsportspezifischen Besonderheiten und physiologischen Vorgänge unter Druck führen oft zu unkritischen Attesten oder aber zu überkritischen oder unsinnigen Einschränkungen. Hervorzuheben ist jedoch auch, dass selbst bei uneingeschränkter Tauchtauglichkeit der Gesundheitscheck lediglich ein Attest der unbedenklichen körperlichen Voraussetzungen zur Ausübung des Tauchsports ist und kein Freifahrtschein für unsinniges Verhalten unter Wasser darstellt. Prinzipiell kann jeder approbierte Arzt mit entsprechendem Wissen eine Tauchtauglichkeits-Untersuchung durchführen, sofern er mit den physikalischen und sportmedizinischen Gegebenheiten des Tauchens vertraut ist. Eine Liste der, bei der GTÜM (Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin) gemeldeten Tauchmediziner, kann auf der entsprechenden Website abgerufen werden.
Doc Anke Fabian (Medical Board aqua med)