Tauchen und Übergewicht

Unter Übergewicht versteht man ein Verhältnis aus Körpergewicht und Körpergröße, welches als ungesund gilt. Laut Robert Koch-Institut gelten in Deutschland 67 % aller Männer und 53 % aller Frauen als übergewichtig. 23 % der Männer und 24 % der Frauen sind sogar stark übergewichtig! Auch wenn uns dies mittlerweile als „normal“ erscheint, ist es ein nicht zu unterschätzendes Problem für das Gesundheitssystem.

Ein einfaches, wenn auch eingeschränkt gültiges Werkzeug um ungesundes Übergewicht festzustellen, ist der Body Mass Index (BMI), der sich wie folgt berechnet:

Körpergewicht[kg] / Körpergröße[m]².

Nehmen wir an ein Taucher hätte nach dieser sehr vereinfachten Rechnung einen BMI von rund 39. Im „gesunden“ Normalbereich bewegt man sich mit einem BMI von 18,5 bis 24,9. Mit einem BMI zwischen 25 und 30 gilt man als übergewichtig, ab einem BMI über 30 spricht man bereits von krankhafter Fettleibigkeit.
Zu beachten ist: Falsch niedrig ist der BMI bei älteren Menschen, die bereits Muskelmasse abgebaut haben. Falsch hoch ist der BMI bei athletischen Menschen mit einer höheren Muskelmasse.

Übergewicht in Form von Körperfett erhöht das Risiko für eine Dekompressionserkrankung durch vermehrte Bildung von venösen Gasblasen. So sehr das Tauchen auch für übergewichtige Personen ein schöner Ausgleich zum Alltag ist, so sollte es immer das Ziel sein, einen gesunden und aktiven Lebensstil zu führen, um diesen Sport sicher ausüben zu können.

Um Risiken rechtzeitig entgegenzusteuern, sollte regelmäßig eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung bei einem anerkannten Taucherarzt durchgeführt werden. Dieser beurteilt ab dem 40. Lebensjahr neben den gesundheitlichen Voraussetzungen auch die kardiale Leistungsfähigkeit. Hierbei muss der Proband z. B. auf einem Fahrrad eine vom Körpergewicht abhängige Leistung erzielen. Je schwerer der Proband, desto höher wird die geforderte Leistung, da diese in Watt/kg Körpergewicht gemessen wird. Für adipöse Taucher ist das Erreichen der „Normwerte“ somit fast unmöglich, was wiederum beweist, dass hohes Gewicht ein leistungslimitierender Faktor ist. Schwere Autos beschleunigen trotz gleicher Leistung auch langsamer als leichte Sportwagen.

Sporttauchen oder „recreational diving“ dient der Entspannung und dem Entfliehen aus dem Alltag, es ist Schweben in einem nahezu schwerelosen Medium. Per se ist diese Umgebung besonders gut für übergewichtige Menschen geeignet. Das eigene Gewicht wird nicht wahrgenommen und die Gelenke werden entlastet.

Beim Tauchen kommen jedoch einige erschwerende Faktoren hinzu, welche den Organismus belasten und in einigen Situationen, z. B. bei starker Strömung, kann auch der fitte Taucher konditionell an seine Grenzen gelangen. Ein zusätzliches Problem beim Tauchen mit Übergewicht sind eventuell vorhandene Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck. Ein schlecht eingestellter, jedoch meist unbemerkter Bluthochdruck kann unter Wasser tödlich enden, da es in Kombination mit zunehmendem Wasserdruck sehr schnell zu einem Lungenödem kommen kann, welches nahezu immer zu akuter Atemnot und Panik führt. Viele Tauchunfälle sind auf diese Ursache zurückzuführen. Die Grundregeln des Buddy Diving im Sporttauchen erfordern es zudem, dass man auch für seinen Tauchpartner mitverantwortlich ist. Ohne konditionelle Reserven ist man im Notfall oft nicht in der Lage die erforderliche Hilfe zu leisten.

Zu den zusätzlichen Nachteilen in der Praxis zählt außerdem, dass der übergewichtige Taucher mehr Blei benötigt, welches das Gewicht der Tauchausrüstung zusätzlich erhöht. Der Ein- und Ausstieg kann so bei erschwerten Bedingungen zu einem großen Problem werden. Zudem haben übergewichtige Taucher oft eine geringere Fitness, was den Luftverbrauch erhöht und somit die Tauchzeit verkürzt.

Für das Dekompressionsrisiko gilt: Fettgewebe nimmt ungefähr 5x mehr Stickstoff auf als Muskulatur, ist aber viel schlechter durchblutet. Mehrere Wiederholungstauchgänge am selben Tag führen zu einer verhältnismäßig höheren Aufsättigung des Fettgewebes, was das Risiko für eine Dekompressionskrankheit erhöht. Gleiches gilt für lange, tiefe Tauchgänge, unabhängig vom verwendeten System („offen“ oder „Rebreather“). Blindes Vertrauen in Tauchcomputer ist gefährlich, denn diese „verschätzen“ sich mit zunehmender Anzahl der Wiederholungstauchgänge und orientieren sich im Allgemeinen an einer „normalen“ gesunden Person. Bei bis zu 5 Tauchgängen pro Tag während eines Tauchurlaubs steigt das Risiko einen Tauchunfall zu erleiden enorm, obwohl der Tauchcomputer keine Fehler anzeigt.

Eine allgemeine Fitness und ein gutes Körperbewusstsein sollten Grundvoraussetzung sein, um den Tauchsport sicher ausüben zu können. Jeder Taucher sollte abseits des Tauchsports etwas für seine Fitness tun, um dieses schöne Hobby so lange wie möglich genießen zu können.