Tauchen mit kardiovaskulären Erkrankungen

Das Interesse an der Ausübung des Tauchsports ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten trotz bekannter Widrigkeiten in den letzten zwei Jahren ungetrübt. Interessierte absolvieren auch in höheren Lebensdekaden (ab dem 50. Lebensjahr) einen Tauchschein und die Freude an der Fortführung des Tauchsports bei zertifizierten Taucherinnen und Tauchern trotz vorbestehender oder neu aufgetretener Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems besteht fort.

Diesbezüglich erreichen uns im Rahmen unserer tauchmedizinischen Assistance-Tätigkeit täglich Anfragen hinsichtlich einer Tauchtauglichkeit bei Erkrankungen des Herzens oder der Gefäße. In diesem Artikel werden die häufigsten kardiovaskulären Vorerkrankungen im Kontext der Tauchtauglichkeit strukturiert besprochen und der interessierte Leser erhält nach Lektüre dieses Beitrags einen Überblick über die möglichen Risiken und Gefahren bei der Ausübung des Tauchsports mit kardiovaskulären Vorerkrankungen.

Die arterielle Hypertonie, im Volksmund auch bekannt als Bluthochdruck ist eine der häufigsten Volkserkrankungen in Deutschland und Europa und betrifft über die Hälfte aller Über-50-Jährigen. Risikofaktoren stellen unter anderem salzreiche Ernährung, Nikotinkonsum, Übergewicht oder Diabetes mellitus dar, wodurch wiederum das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen und Schlaganfall steigt. Erhöhte Blutdruck-Werte bei Jüngeren bedürfen stets einer Abklärung durch den Haus- oder im Verlauf durch den Facharzt. Gefahren für Taucher durch Bluthochdruck gehen von Folgeerkrankungen bzw. den Folgen einer hypertensiven Entgleisung (Bluthochdruck-Krise) mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Nasenbluten und Luftnot aus. Weitere Gefahren für den Taucher bei schlecht oder nicht therapiertem Bluthochdruck ergeben sich aus der Gefahr für ein Lungenödem. Tauchtauglichkeit besteht bei stabil eingestelltem Blutdruck auf entsprechende, durch Leitlinien empfohlene Zielwerte, sei es durch medikamentöse oder nicht medikamentöse Maßnahmen. Letztere, können Maßnahmen sein, wie Gewichtsabnahme, salzarme Kost und sportliche Betätigung und sollten im Rahmen einer Tauchtauglichkeit frühestens drei Monate nach Erstdiagnose einer arteriellen Hypertonie reevaluiert werden, um die Effektivität der Blutdrucksenkung durch die entsprechenden Maßnahmen beurteilen zu können. Taucherinnen und Taucher, die eine hypertensive Herzkrankheit aufgrund jahrelanger arterieller Hypertonie aufweisen, benötigen eine Herzultraschalluntersuchung zur genauen Abschätzung des Ausmaßes der Beeinträchtigung von Herzstrukturen. Hier ist je nach Befund eine Tauchtauglichkeit gegebenenfalls nicht mehr gegeben.

Herzrhythmusstörungen (HRS) lassen sich in tachykarde (schnelle) und bradykarde (langsame) Herzrhythmusstörungen einteilen. Der prominenteste Vertreter tachykarder HRS ist das Vorhofflimmern, eine nicht rhythmische und häufig mit Tachykardie einhergehende Störung der Erregungsbildung und Erregungsweiterleitung des Herzens. Im Falle von medikamentös kontrolliertem Vorhofflimmern mit normaler Herzfrequenz ist eine Tauchtauglichkeit gegeben. In jedem Fall sollte zur Attestierung einer Tauchtauglichkeit neben dem Ruhe-EKG auch ein Belastungs-EKG veranlasst werden, um das Vorhofflimmern auch unter Belastung, wie sie ja allein durch die Immersion beim Tauchen gegeben ist, beurteilen zu können. In der Regel werden Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern zur Prävention von v. a. Schlaganfällen antikoaguliert, d. h. es werden sogenannte Blutverdünner verordnet. Eine damit naturgemäß einhergehende erhöhte Blutungsgefahr ist Unterwasser, wie an der Wasseroberfläche gleich zu bewerten, das heißt vom Tauchen an sich geht keine erhöhte Blutungsgefahr aus. Obacht sollte gegeben werden bei Tauchunternehmungen in entlegene Gebiete, sei es zu Wasser oder zu Land, da hier bei eventuellen Verletzungen eine verzögerte Versorgung durch medizinisches Fachpersonal bestehen kann. Behandlungsbedürftige tachykarde oder bradykarde Herzrhythmusstörungen, die klinisch nicht kontrolliert sind, schließen eine Tauchtauglichkeit aus.

Die Herzinsuffizienz (Herzschwäche) ist immer ein Symptom einer kardialen oder extrakardialen Grunderkrankung, die stets im Rahmen der tauchmedizinischen Untersuchung beachtet werden muss. Sie ist häufig das Resultat einer hypertensiven Herzerkrankung (s. o.), einer koronaren Herzkrankheit (s. u.) oder von Klappenerkrankungen. Die Leistungsfähigkeit des Herzens vom Organismus entsprechend benötigtes Blutvolumen zu pumpen, ist eingeschränkt. Symptome sind u. a. Luftnot, mangelnde Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit und geschwollene Unterschenkel aufgrund von Ödemen (Wassereinlagerung in umgebendes Gewebe). Die Gefahr beim Tauchen mit eingeschränkter Pumpfunktion des Herzens liegt im Auftreten eines akuten Herzversagens mit Lungenödem, kardiogenem Schock und bedrohlichen Herzrhythmusstörungen bis zum plötzlichen Herztod. Ein akutes Herzversagen kann in diesem Kontext durch Immersion, körperliche Überanstrengung beim Tauchen, hypertensive Krisen (s. o.) und die ebenso bereits besprochenen Herzrhythmusstörungen ausgelöst werden. Abgesehen von der leichtesten Form der Herzinsuffizienz, bei der eine gute Belastbarkeit des Probanden sowie die Pumpfunktion des Herzens gegeben ist (NYHA I), besteht bei allen Formen der Herzinsuffizienz keine Tauchtauglichkeit.

Die koronare Herzkrankheit (KHK) gehört zu den wichtigsten Volkskrankheiten und stellt weltweit die führende Ursache kardiovaskulärer Todesfälle dar. Sie beruht auf atherosklerotischen Veränderungen und eine damit einhergehende Einengung der Herzkranzgefäße (Koronarien), die zu einer Minderdurchblutung der Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten) führen können. Der Herzinfarkt (Myokardinfarkt) im Rahmen des Akuten Koronarsyndroms (ACS) stellt die am meisten fortgeschrittene Stufe der KHK dar. Bei stabiler KHK ist die Tauchtauglichkeit bei normaler, beschwerdefreier Belastbarkeit, unauffälligem Herzultraschall, ggf. unauffälliger Herzmuskel-Bildgebung, wie z. B. dem Myokardszintigramm und gut kontrollierten Risikofaktoren gegeben. Im Falle eines Herzinfarkts mit oder ohne anschließender Herzkatheter-Untersuchung und sukzessiver Stent-Implantation oder Bypass-Operation im Falle einer Mehrgefäß-KHK besteht für zunächst ein Jahr eine pauschale Tauchpause bis zur erneuten Re-Evaluation einer Tauchtauglichkeit. Eine Tauchtauglichkeit ist abhängig von der Belastungsfähigkeit des Herzens und wird mittels EKG, Herzultraschall und Belastungs-EKG durch den Tauchmediziner bzw. den Facharzt für Kardiologie überprüft. Bei guter Belastungsfähigkeit und Pumpfunktion des Herzens ist eine Tauchtauglichkeit erteilbar, diese allerdings unter Umständen in Abhängigkeit der Befunde mit Einschränkungen.

Die Angina pectoris bzw. der Angina pectoris-Anfall beschreibt ein schmerzhaftes Engegefühl bzw. schmerzhafte Beklemmung in der Brust bzw. Herzgegend häufig mit Ausstrahlung der Schmerzen in den linken Arm, in den Hals, den Unterkiefer sowie in den Oberbauch und den Rücken aufgrund von Sauerstoffunterversorgung der Herzkranzgefäße (Ischämie). Diese Beschwerden treten in der Regel anfallsartig auf, insbesondere bei körperlicher Belastung. Angina pectoris beim Tauchen kann Panik mit unkontrolliertem Verhalten Unterwasser auslösen. Die Unterversorgung mit Sauerstoff kann zu Herzrhythmusstörungen, Pumpschwäche, Luftnot bis hin zur Wasseransammlung in der Lunge (Lungenödem) und schließlich zum plötzlichen Herztod Unterwasser führen. Daher besteht bei diesem Krankheitsbild keine Tauchtauglichkeit.

Herzschrittmacher Taucherinnnen und Taucher, die Träger von Herzschrittmachern sind, sind nicht prinzipiell vom Tauchsport ausgeschlossen. Nach Prüfung der Drucktauglichkeit des Geräts, bei guter körperlicher Belastbarkeit der Taucherin bzw. des Tauchers und wenn keine relevante kardiale Grunderkrankung dagegenspricht, kann Tauchtauglichkeit bestehen. Trägerinnen und Träger von implantierbaren Cardioverter-Defibrillatoren (ICD) bzw. kardialer Resynchronisationstherapie (CRT) sind aufgrund der in der Regel ausgeprägten kardialen Grunderkrankung, die die Implantation dieser Systeme zum Schutz vor lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen bzw. plötzlichen Herztod notwendig machen, vom Tauchsport ausgeschlossen und eine Tauchtauglichkeit ist nach Implantation dieser Geräte nicht mehr gegeben.

Herzklappenerkrankungen Herzklappenerkrankungen, sog. Klappenvitien können zweierlei Ursachen haben. Zum einen handelt es sich um primäre Ursachen durch Schäden oder Fehlbildungen an den Herzklappen selbst, zum anderen um sekundäre Ursachen durch Veränderung der Anatomie der Herzhöhle durch z. B. strukturelle Herzerkrankungen, wie zum Beispiel hervorgerufen durch jahrelangen Bluthochruck (hypertensive Herzkrankheit). Bei fortgeschrittenen Herzklappenerkrankungen treten Leistungsminderung mit Luftnot, Brustschmerz und auch Bewusstlosigkeit, sog. Synkopen auf. Die Gefährdung beim Tauchen besteht vor allem durch eine akute Kreislaufbelastung mit Luftnot, akuter Leistungsminderung und möglicher Bewusstlosigkeit. Daher besteht eine Tauchtauglichkeit bei Herzklappenerkrankungen ausschließlich bei normaler Belastbarkeit und positiver kardiologischer Stellungnahme zum Tauchen. Nach operativem Klappenersatz oder Klappenrekonstruktion kann eine Tauchtauglichkeit frühestens ein Jahr nach Intervention bei erhaltener körperlicher Leistungsfähigkeit und erhaltener bzw. wiederhergestellter Pumpfunktion des Herzens bestehen.

Persistierendes Foramen ovale (PFO) Ein persistierendes Foramen ovale (PFO) stellt einen natürlichen, nach der Geburt allerdings nicht gänzlich verschlossenen Kurzschluss zwischen rechtem Herzvorhof (Atrium) und linkem Herzvorhof dar und tritt bei 20-30 Prozent der Menschen auf. In der Regel bleibt es lebenslang unbemerkt, da kein Einfluss auf die körperliche Leistungsfähigkeit unter normobaren Bedingungen besteht. Bei erhöhtem intrathorakalen Druck (Druck im Brustkorb), wie z. B. beim Druckausgleich, Husten oder Niesen ist allerdings ein Übertritt von Blut aus dem rechten Vorhof in den linken Vorhof möglich und es besteht eine Kurzschlussverbindung, ein sogenannter Rechts-Links-Shunt. Beim Tauchen besteht allerdings Krankheitswert durch den Übertritt von Gasblasen in den linken Vorhof und demnach in die arterielle Strombahn mit der Gefahr der Ausbildung einer arteriellen Gasembolie (AGE) durch nicht zuvor durch die Lungen abgeatmeten Stickstoff. Häufige Folge ist eine Cutis marmorata (Marmorhaut) in Folge der AGE mit Gasblasenansammlung (v. a. Stickstoff) in arteriellen Endstrombahnen der Haut bzw. des Unterhautfettgewebes.

Das Risiko für einen Dekompressionsunfall (1DCI) bei Tauchern mit PFO ist circa zwei- bis dreimal höher im Vergleich zu Tauchern ohne PFO. Da eine DCI insgesamt aber ein sehr seltenes Ereignis darstellt, ist ein routinemäßiges PFO-Screening im Rahmen einer Tauchtauglichkeitsuntersuchung nicht angezeigt. Jede DCI-Symptomatik insbesondere in Zusammenhang mit unauffälligem Tauchprofil sollte allerdings taucherärztlich abgeklärt werden. Eine Untersuchung auf ein PFO ist nach taucherärztlicher Einschätzung angezeigt bei stattgehabten Symptomen einer DCI in Zusammenhang mit einem gänzlich unauffälligen Tauchprofil ohne Regelverstöße und Fehlen von Risikofaktoren, die eine DCI provozieren können, wie Flüssigkeitsmangel, Repetitiv-Tauchgänge am Unfalltag und vorausgegangener Tage (Restsättigung), Umkehrprofile (Folgetauchgänge tiefer als vorausgegangene Tauchgänge) sowie Tauchgänge mit Jo-Jo-Profilen und sollte zwingend taucherärztlich sowie kardiologisch zur Untersuchung auf Bestehen eines PFOs weiter abgeklärt werden. Zur PFO-Diagnostik ist der Goldstandard die Transösophageale Echokardiographie (TEE), bei der ein Ultraschallkopf über den Rachen in die mittlere Speiseröhre vorgeschoben wird, um das PFO zwischen linkem und rechtem Vorhof zu detektieren. Man spricht hier, wie bereits erwähnt von einem Shunt (Kurzschlussverbindung). Die Bestimmung der Shunt-Lokalisation (Lungengefäß- oder Herzshunt) sowie dessen Größe ist nicht trivial und erfordert vom Untersucher Können und Erfahrung in dieser Form der Herzultraschalldiagnostik. Zudem sind einige Shunts nur belastungsabhängig geöffnet und daher in Ruhe nicht auffindbar. Taucherinnen und Tauchern mit Nachweis eines PFO wird “low-bubble-diving“ nach den Empfehlungen der GTÜM empfohlen. Nur in Ausnahmefällen ist der PFO-Verschluss mittels Schirmchenverschluss durch Katheterverfahren (2 % schwere Komplikationen) bei Tauchern medizinisch indiziert und selbst nach erfolgreichem PFO-Verschluss (unvollst. Verschluss in 2-5 %) kann es wieder zu einer DCI kommen, da, wie erwähnt auch andere Shunt-Mechanismen, wie z. B. Lungenshunts oder Lebervenenshunts relevant sein können. Auch nach PFO-Verschluss wird Taucherinnen und Tauchern zu konservativem Tauchen geraten.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass kardiale Vorerkrankungen nicht prinzipiell eine Kontraindikation gegenüber dem Tauchen darstellen. Bestimmte oben ausgeführte Erkrankungen können abhängig vom Krankheitsstadium mit dem Tauchen vereinbar sein, sofern die körperliche und v. a. kardiale Belastungsfähigkeit erhalten bleibt, wie z. B. bei der leichtgradigen Herzinsuffizienz (NYHA I) bzw. wiederhergestellt ist, wie z. B. bei Zustand nach Herzinfarkt. Eine Überlastung der kardialen Leistungsfähigkeit bei bekannten oder ggf. noch nicht diagnostizierten Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann beim Tauchen zu erheblichen Problemen und zur Gefahr für den Taucher Unterwasser führen und das Risiko z. B. für einen plötzlichen Herztod erhöhen. Taucherinnen und Taucher mit kardialen Vorerkrankungen sollten vor dem Hintergrund des in diesem Artikel Aufgeführten neben einer taucherärztlichen Vorstellung zum Erst-Erwerb oder Wiedererwerb einer Tauchtauglichkeit auch eine Vorstellung beim Facharzt für Kardiologie anstreben. Eine Entscheidung zur Tauchtauglichkeit sollte schließlich im gemeinsamen Konsens durch den Tauchmediziner und Kardiologen unter Berücksichtigung aller Befunde getroffen werden.