Unfallanalyse und medizinische Erläuterungen

Definitionen

PFO

PFO: patentes oder persistierendes Foramen ovale
patent / persistierend: fortbestehend
foramen: Loch / Öffnung
ovale: oval

Ein persistierendes Foramen ovale ist demnach ein – aus der Embryonalzeit – fortbestehendes ovales Loch. Es ist im Herz zwischen dem rechten und dem linken Vorhof lokalisiert. Bei ca. einem Viertel der Menschen (20-30 %) erfolgt der Verschluss im ersten Lebensjahr nur unvollständig und bleibt offen – etwa so wie eine angelehnte Tür: das PFO. Kleinste Mikroembolien gelangen durch das „offene Loch“ vom rechten Herzen in die linke Herzhälfte (Shunt) und somit in die arterielle Blutbahn. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Vorhandensein eines PFO die Ursache der Tauchzwischenfällen wie einer DCS ist, sondern eher, dass es ein potentielles Risiko darstellt. Die Ursachen sind immer Stickstoffblasen! Deshalb ist low bubble diving sinnvoll.

Low bubble diving

Bei jedem Tauchgang tiefer als 10 Meter treten kleinste Stickstoffbläschen auf, die normalerweise über die Lunge abgeatmet werden. Durch Anpassung des Tauchprofils und empfohlene Verhaltensmaßnahmen an Land versucht man einerseits die Bildung von diesen Mikroblasen (Microbubbles) beim Tauchen so weit wie möglich zu verringern und andererseits das Risiko eines Übertritts von der venösen auf die arterielle Seite durch Shunts (Kurzschlussverbindungen) zu verringern. Ziel ist es damit das Risiko einer DCS so gering wie möglich zu halten. Die Schweizer Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (SUHMS) hat hierfür eindeutige Regeln und Richtlinien für das low bubble diving aufgestellt.

Weiße Läsionen

Als weiße Läsionen werden bestimmte Veränderungen im Gehirngewebe bezeichnet, die sich in der bildgebenden Diagnostik (CT oder MRT) zeigen. Es sind Schädigungen oder Narben, die bildmorphologisch einem Schlaganfall entsprechen, aber zu keinen erkennbaren Symptomen geführt haben. Stumme Hirninfarkte sind 5x häufiger als offensichtliche Schlaganfälle. Der Patient weiß also nicht, dass er einen „kleinen Schlaganfall“ durchgemacht hat. Stumm bleiben solche Infarkte meist, weil sie Hirnregionen betreffen, in denen die Schädigung zu keinen offensichtlichen Symptomen führt. Bei Tauchern interpretiert man die Läsionen als Zeichen von statt gehabten Mikroembolien durch Gasbläschen.

Unfallanalyse

Generell sollte beim Tauchen eine konservative Planung und Durchführung der Tauchgänge praktiziert werden. Die Richtlinien des low bubble diving sind auch für den normalen Sporttaucher eine gute Maßgabe um immer sicher und konservativ zu tauchen.

Was hätte Marion anders machen können?

Neben dem PFO als ein Risikofaktor, der im Vorfeld nicht bekannt gewesen ist, hätte sie trotzdem ein paar Dinge anders machen können:

  1. Beim Auftreten von Symptomen, auch wenn sie anfangs sehr gering sein können (leichter Juckreiz, Flecken), sollte auch bei entspannten Tauchgängen an eine DCS gedacht werden. Taucht man trotz leichter Symptome weiter, können diese und die Areale der Minderdurchblutung durch die weitere Stickstoffbelastung potenziert werden.

  2. Jeder Körper hat ein unterschiedliches Entsättigungsverhalten von Stickstoff. Der Tauchcomputer kann einem einen guten Anhaltspunkt dafür geben, allerdings berücksichtigt er weder Alter, Gewebedurchblutung noch äußere Umwelteinflüsse. Schon bei wenigen Wiederholungstauchgängen unterscheiden sich Tauchcomputer erheblich in ihrer Nullzeitberechnung, sodass man trotz nicht angezeigter Dekopflicht diese vielleicht schon erreicht hat.

  3. Auf den Malediven herrschen tropische Verhältnisse, sodass man auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten muss. Dies fällt gerade Taucherinnen meist sehr schwer. Marion war sicherlich dehydriert, was die Entsättigungskinetik weiterhin erheblich verschlechtern kann.

  4. Die Tauchgangsplanung war trotz Nitrox eher suboptimal. 3 Tauchgänge um die 30 m sättigen den Körper mit Stickstoff auf. Macht man Wiederholungstauchgänge im Rahmen einer Safari sollte man Sicherheiten einplanen. Mit dem tiefsten Tauchgang beginnen, längere Oberflächenpausen machen und von Tauchgang zu Tauchgang die Tauchtiefe verringern.

Bei Tauchsafaris kann es sinnvoll sein auch mal einen Ruhetag einzulegen. Es ist schon klar, dass dies bei der begrenzten Zeit einer Safari viel Disziplin erfordert, auch im Hinblick auf einen nicht zu unterschätzenden Gruppendruck. In diesem Falle sind auch die Tauchguides auf Safaris gefragt.