SARS-COV-2 und die Tauchtauglichkeit
Die letzten zwei Jahre waren von der Pandemie mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV–2 bzw. die durch dieses Virus hervorgerufene Erkrankung COVID-19 (Corona Virus Disease 2019) geprägt und gestört. Viele Leserinnen und Leser dieses Artikels haben ihre eigenen Erfahrungen mit COVID-19 und mit COVID-19-Impfungen gemacht.
Die beispiellos schnelle Entwicklung und Zulassung verschiedener Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 seit dem Jahr 2021 hat wesentlich zur Kontrolle der Pandemie in Deutschland und Europa beigetragen sodass entsprechende Lockerungen vorausgegangener Einschränkungen des alltäglichen Lebens und des Freizeitbereichs wieder möglich wurden.
Die Taucher-Gemeinschaft ist im Rahmen dieser viral-bedingten Lungenerkrankung, die sehr häufig auch systemische (den gesamten Organismus betreffende) Auswirkungen haben kann, naturgemäß sehr an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Empfehlungen hinsichtlich der Ausübung des Tauchsports, der Tauchausbildung, einem möglichen Infektionsrisiko sowie dem Risiko nach durchgestandener Erkrankung durch SARS-CoV-2 nicht mehr tauchtauglich zu sein, interessiert und es wurden bereits Artikel und Empfehlungen der einschlägigen deutschen, europäischen und nordamerikanischen Fachgesellschaften zu diesem Thema veröffentlicht und diskutiert.

Klinische Einteilung der SARS-CoV-2-Infektion
Das klinische Bild im Rahmen dieser Virusinfektion ist aus unserer Sicht grob in drei Kategorien einteilbar:
- Asymptomatische oder leicht symptomatische SARS-CoV-2-Infektion
- Symptomatische COVID-19-Erkrankung mit mittelschwerer Erkrankung, die eine ambulante Behandlung erfordert
- Schwere COVID-19-Erkrankung, die eine stationäre oder gar intensivmedizinische Behandlung erfordert
Im Rahmen einer SARS-CoV-2-Infektion ist v.a. die COVID-19-Pneumonie gefürchtet, da sie eine hohe Krankheitslast mit einem großen Anteil von langwierigen Folgesymptomen verursachen kann. Diese stellt sich häufig in der Bildgebung als bilaterale interstitielle Pneumonie dar. Erkrankungen, wie die Arterielle Hypertonie, Adipositas, die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Diabetes mellitus und chronische Nierenerkrankungen stellen bedeutende Risikofaktoren für einen schweren Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion, weiteren Komplikationen sowie dem Risiko von Long-COVID dar.
Die allgemeine körperliche Belastungsfähigkeit, wie sportliche Aktivität, wozu auch die Ausübung des Tauchsports zählt, kann auch nach Wochen nach der Erkrankung für den Patienten eingeschränkt sein. Die Wiedererlangung der körperlichen Belastungsfähigkeit bedarf einer vorsichtigen und schrittweisen Steigerung mittels dosierter körperlicher Aktivität und ist sehr von möglichen Vorerkrankungen des Patienten abhängig (s.o.).
Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion auf den Tauchsport
Welche Auswirkungen hat eine durchgestandene SARS-CoV-2-Infektion hinsichtlich der Ausübung des Tauchsports und der Wiedererlangung einer Tauchtauglichkeit? Diesbezüglich haben sich im Verlauf der letzten eineinhalb Jahren die entsprechenden Fachgesellschaften, wie die Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM), die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG), der Verband Deutscher Sporttaucher (VDST), die European Underwater and Baromedical Society (EUBS), European Committee for Hyperbaric Medicine (ECHM), Divers Alert Network (DAN) und auch The Diving Medical Advisory Committee (DMAC) intensiv beschäftigt und entsprechende Empfehlungen mit größtenteils gemeinsamem Konsens veröffentlicht, die im Folgenden unserer Auffassung nach als pragmatischste Vorgehensweise zusammengefasst ist.
Ein wesentliches Faktum, was uns immer wieder in unserer tauchmedizinischen Assistance-Arbeit bei aqua med begegnet, ist, dass bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 eine vorhandene Tauchtauglichkeit kurzfristig bzw. abhängig von der Krankheits-Kategorie (s.o.) langfristig bis zur erneuten Tauchtauglichkeitsuntersuchung erlischt. Die Wiedererteilung der Tauchtauglichkeit nach auskurierter mittelschwerer oder schwerer Erkrankung beziehungsweise nach gänzlicher Symptomfreiheit nach gegebenenfalls vorhandenen Long-COVID-Symptomen sollte ausschließlich durch einen tauchmedizinisch qualifizierten Arzt/Ärztin erfolgen.
Korrelierend zu den oben genannten Kategorien ergeben sich die folgenden Empfehlungen nach durchgestandener COVID-19-Erkrankung beziehungsweise SARS-CoV-2-Infektion:
SARS-CoV-2 positiv getestete Taucherinnen und Taucher die asymptomatisch sind oder milde Symptome, wie Schnupfen, Halsschmerzen, leichten Husten oder leichte Kopf- oder Gliederschmerzen aufweisen, wird empfohlen mindestens 1 Woche nach vollständiger Symptomfreiheit mit dem Tauchen zu pausieren. Sofern keine persistierende Symptomatik im Sinne einer Post-COVID-Symptomatik vorhanden ist, kann das Tauchen mit der zuvor gültigen Tauchtauglichkeitsbescheinigung wieder möglich sein. Sollten Symptome persistieren oder die allgemeine Leistungsfähigkeit nicht wiederhergestellt sein, sollte neben einer entsprechenden hausärztlichen und ggf. auch fachärztlichen Abklärung, die Vorstellung zur erneuten Tauchtauglichkeit bei einem Tauchmediziner erfolgen.
SARS-CoV-2 positiv getestete Taucherinnen und Taucher mit mittelschweren Symptomen, wie ausgeprägter trockener oder produktiver und ggf. schmerzhafter Husten, Zeichen einer Lungenentzündung (viral oder sekundär bakteriell), Kurzatmigkeit bzw. Atemnot, ausgeprägte Kopf- oder Gliederschmerzen sowie Geschmacks- und Geruchsverlust, die hausärztlich ambulant betreut werden können, wird eine mindestens einmonatige Wartezeit nach Genesung und vollständiger Symptomfreiheit, bei noch bestehenden Restbeschwerden eine bis zu drei Monaten andauernde Pause bis zur Vorstellung beim Tauchmediziner zur erneuten Tauchtauglichkeit empfohlen.
Voraussetzung für den Zeitpunkt der Tauchtauglichkeitsuntersuchung ist, dass die körperliche Belastungsfähigkeit wiederhergestellt ist und sämtliche SARS-CoV-2-assoziierten Symptome verschwunden sind. Neben oben genannter tauchmedizinischer Untersuchung nach den Richtlinien der GTÜM wird hier gegebenenfalls zusätzlich nach tauchmedizinischem Ermessen unabhängig vom Alter der Patientin beziehungsweise des Patienten ein Belastungs-EKG, eine Bodyplethysmographie und ggf. eine hochauflösende Computertomographie des Brustkorbs ohne Kontrastmittel empfohlen. Bei dieser Patienten-Gruppe sollte auf langwierige Symptome einer SARS-CoV-2 Infektion im Sinne von Long-COVID geachtet werden. Sollte sich auch in dieser Kategorie in den Untersuchungen ein gänzlich unauffälliger Befund zeigen, so ist eine uneingeschränkte Tauchtauglichkeit wieder gegeben.
Taucherinnen und Taucher nach einer schweren Infektion mit SARS-CoV-2, jeglicher Art, z.B. die einen stationären- oder gar einen intensivmedizinischen Aufenthalt erforderlich machte, sollten mindestens drei Monate, ggf. bis zu sechs Monate mit dem Tauchen pausieren bis die Vorstellung bei nach vollständiger Genesung und nach Wiederherstellung der körperlichen und psychischen Belastungsfähigkeit beim Tauchmediziner zur Tauchtauglichkeitsuntersuchung erfolgt. Zusätzlich zur tauchmedizinischen Untersuchung nach den Richtlinien der GTÜM, wie unter der Kategorie zwei genannt, sind hier in jedem Fall ein Belastungs-EKG, eine Bodyplethysmographie mit Sauerstoff-Diffusionsmessung, falls möglich eine Spiroergometrie, eine hochauflösende Computertomographie des Brustkorbes ohne Kontrastmittel (HR-CT-Thorax), eine Echokardiographie (Herzultraschall) sowie ein Speziallabor hinsichtlich Parameter zur Herzbelastung empfohlen. Die Erteilung einer uneingeschränkten Tauchtauglichkeit ist gegebenenfalls möglich und entsprechend abhängig von den Resultaten der oben genannten sehr umfangreichen Untersuchungen.
Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass den entsprechenden Empfehlungen zur Tauchtauglichkeit nach Infektion mit SARS-CoV-2 ausreichend Beachtung geschenkt werden sollte. Insbesondere COVID-19 Langzeitfolgen können von Betroffenen mitunter im täglichen Leben unbemerkt bleiben. Beim Tauchen können diese aber lebensbedrohliche Auswirkung haben, wie zum Beispiel die Entstehung eines Lungenbarotrauma (siehe Abbildung 2), Ertrinken durch fehlende Leistungsfähigkeit und ein erhöhtes Risiko für die Dekompressionskrankheit.